Ohren-Spiel: Mit Pferden sprechen

Pferdeohren können gezielt (und auch einzeln) nach vorn oder nach hinten ausgerichtet werden ­– oder in ständigem Spiel in alle Richtungen lauschen. Dabei werden die Ohren von 16 Muskeln um bis zu 180 Grad verdreht und übertreffen uns Menschen auch in Sachen Hörschärfe um ein paar tausend Hertz: Registrieren wir etwas als Lärm, kann es für das Pferd schon unerträglich sein. Denn seine Ohren zuhalten, kann ein Pferd natürlich nicht…

Kommt ein Pferd mit nach vorne gespitzten Ohren auf den Menschen zu, sagt es freundlich „Hallo!“. Richtet es die Ohrmuscheln nach hinten, konzentriert es sich auf den Reiter. Legt es die Ohren dagegen flach nach hinten an, stimmt etwas nicht: Entweder hat es Angst oder es sagt deutlich: „Hau ab, ich mag dich nicht, gleich beisse oder trete ich dich!“

Ein Pferd drückt also auch seine Gefühlslage mit der Ohrenstellung aus – gar nicht einfach für uns Menschen. Schließlich sind unsere Ohren eher unbeweglich am Kopf angewachsen und wir können sie nicht nach hinten legen, um unserem Gegenüber in seiner Sprache mitzuteilen, dass uns gerade etwas nicht passt. Auch beim Zähne zeigen sind wir niemals so erfolgreich wie das Pferd – unsere Beißerchen sind einfach ein paar Ausgaben zu klein, um beim vierbeinigen Gegenüber Eindruck schinden zu können. Dazu kommt, dass wir Menschen im Vergleich zu Pferden überhaupt etwas „mini“ geraten sind…

Experten empfehlen, das Nichtanlegenkönnen der menschlichen Ohren mit der Stimme zu kompensieren: Kurz und laut muss es sein – „Na!“ – um dem Pferd zu sagen: „Ich bin erregt über deine Frechheit, dass du z. B. versucht hast, nach mir zu schnappen!“ Außerdem soll man das Pferd (Vorsicht, Abstand!) mit weit geöffneten Augen direkt anstarren – „Geh weg!“.

Wenn man sich gleichzeitig aufrichtet, die Brust heraus und die Schultern nach hinten drückt, während man näher aufs Pferd zugeht – „Ich warne dich!“ –  wird das vom Pferd meist verstanden. Versucht das Tier auszuweichen, hat man gewonnen: Der Mensch ist ranghöher und der Chef.

Wer also glaubt, ein Pferd wisse es als Höflichkeit zu deuten, wenn man vor ihm zur Seite geht, liegt völlig falsch: Damit oute ich mich klar als Rangniedriger – und das sollte der Mensch dem Pferd gegenüber besser niemals tun.

Pferde können ihre Ohren übrigens auch seitwärts fallen und die Ohrmuscheln zur Erde hängen lassen. Dann sind sie entweder müde und dösen teilnahmslos vor sich hin. Oder sie drücken in Rangordnungskämpfen ihre Unterlegenheit aus. Lässt ein gerittenes Pferd seine Ohren schlaff seitlich-rückwärts fallen und richtet die Ohrmuscheln zum Reiter, zeigt das Tier Angst vor diesem und unterwirft sich somit total.

Diese Ohrenstellung sieht man auch bei Stuten, denen sich ein sehr dominanter Hengst nähert.

Bleibt noch das Ohrenspiel, bei dem ein Ohr nach vorne und das andere nach hinten oder seitwärts zeigt und beide in ständiger Bewegung sind: „Ich bin unsicher“, heißt es, „ich weiß nicht, worauf ich meine Aufmerksamkeit richten soll.“ Am besten, der Mensch drückt dann klar und deutlich aus, wo es lang gehen soll.